"Es gibt nicht den Islam"

Der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Gerhard Ulrich (Schwerin), hat Aussagen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zum Islam als "respektlos" gegenüber Muslimen bezeichnet. Zum Abschluss einer dreitägigen Bischofskonferenz in Nürnberg zum Thema Islam sagte Ulrich am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Diskussion, ob der Islam zu Deutschland gehöre, sei "überflüssig und eher spaltend". Die Unterscheidung Seehofers zwischen dem Islam und den Menschen, die diese Religion ausüben, "kann ich nicht teilen".

Es gehe in der Diskussion nicht um die Frage der Religion, sondern darum, "wer auf dem Boden unserer Grundordnung hier leben will", ergänzte der gastgebende Nürnberger evangelische Regionalbischof Stefan Ark Nitsche.

Bei Begegnungen mit Vertretern von islamischen Gemeinden während der Konferenz hätten die Bischöfe erlebt, dass es nicht "den Islam" gebe, sondern eine notwendige Diskussion unter den islamischen Vertretern im Gang sei. "Diese Diversität macht den Dialog mit dem Islam leichter", weil es auch nicht die eine Meinung der Kirche gebe, erklärte Ulrich. Bei der Tagung in Nürnberg hätten die Teilnehmer von dem Hamburger Professor Serdar Kurnaz aber auch erfahren, dass sich eine differenzierte islamische Theologie erst entwickeln müsse.

Die Bischofskonferenz hatte sich neben den theologische Fragen in einer muslimischen Gemeinde über den islamisch-christlichen Dialog, über Strukturfragen, Fragen des Körperschaftsstatus, Seelsorge und Religionsunterricht informiert. Bei der Begegnung mit Vertretern des Arbeitskreises Muslime wurde deutlich: Das interreligiöse Gespräch wird auf muslimischer Seite von einer Handvoll Ehrenamtlicher vorangetrieben.

Der Sprecher des Vereins Medina in Nürnberg, Ali Koc, erklärte, diese Aktiven müssten inzwischen in zahlreichen Gremien vertreten sein. Man wünsche sich für das Engagement für die Gesellschaft mehr Anerkennung, ergänzte der Vorsitzende der internationalen Islamischen Gemeinde in Nürnberg, Mostafa Eljojo.

In seinem Grußwort zur Bischofskonferenz der VELKD hatte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm für eine "neue Humanitätsoffensive aller Religionsgemeinschaften" geworben. Religionsgemeinschaften müssten sich "öffentlich zu Wort melden, wenn die Würde des Menschen, mit Füßen getreten wird".

Glaubwürdig sind die Religionsgemeinschaften nach Ansicht des EKD-Ratsvorsitzenden nur, wenn sie selbstkritisch die Gewalttraditionen in ihren eigenen Heiligen Schriften in den Blick nehmen und die daraus folgenden Tendenzen der Intoleranz überwinden.

Der Bischofskonferenz der VELKD gehören die Bischöfe und Bischöfinnen der sieben Gliedkirchen sowie sechs weitere ordinierte kirchenleitende Amtsinhaber an. Als Gäste waren in Nürnberg Bischöfe aus Norwegen, Island, Finnland, den Niederlanden und Georgien dabei. (00/0921/19.03.2018)

epd lbm jo as